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Hätte, hätte… Lieferkette – Alle Infos zum neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

23. Mai 2023 - Minuten Lesezeit

"Schon wieder ein regulatorisches Monstrum"… So oder so ähnlich reagieren die meisten compliancegebeutelten Unternehmensleitungen auf die ständig wachsenden regulatorischen Anforderungen an Unternehmen.

Überblick zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Natürlich soll man als Unternehmer nach mehrmaligem Durchatmen diese Anforderungen positiv sehen. Bspw. schützt der Datenschutz ja im besten Falle das Recht von Personen auf informationelle Selbstbestimmung, und damit nicht weniger als ein Grundrecht. Beim Lieferkettengesetz wird es noch menschlicher, denn hier soll tiefer und positiv in die Lieferketten eingegriffen werden, gegen teils unmenschliche Zustände in der Lieferkette, vor allem hinsichtlich des Umgangs mit Mitarbeitern in einkommensschwachen Ländern.

Dann, ähnlich wie beim Hinweisgebergesetz, ein weiteres Aufatmen: "Das betrifft mich ja nicht. Sollen die mit den 3.000/1.000 Mitarbeitern sich mal vorbereiten". Und überhaupt, "Lieferkettenwas?"

Wer dann doch tiefer geht, bemerkt schnell, dass im korrekten Namen „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“, kurz: LkSG oder auch "Lieferkettengesetz", 3 prägnante Worte stecken, die schon die guten Absichten deutlich machen, die das Gesetz verfolgt:

  • "Lieferkette"
  • "Sorgfalt"
  • "Pflicht"

Es geht also um „die verpflichtende und sorgfältige Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten in den globalen Lieferketten" Das wird nun wirklich jeder Unternehmer sofort unterschreiben, sofern er kein total degeneriertes A…..l…. Ist. Also wirklich die Allerallermeisten von uns.

Zurück zum ersten Impuls des Gefühls der Regulierung. Wir finden uns also auch als kleines Unternehmen recht schnell in diesen Verpflichtungen wieder, denn es ist mittlerweile klar: Ohne eine gewisse Weitergabe der Reglementierung kann keinem größeren Unternehmen die Umsetzung gelingen. Es werden also derzeit in großer Anzahl erste Frage- und Erfassungsbögen an Lieferanten und Dienstleister versandt, die sich jetzt wiederum umfangreich zu ihrem geschäftlichen Vorgehen äußern müssen.

Das treibt teils absurde Blüten. Hier zeigt ein Beispiel, bei dem eine kleine Metzgerei geradezu vom LkSG überrollt wird. Es gilt also auch für das Lieferkettengesetz, und vor allem für die Umsetzung im Prozess: Gut gemeint ist, nicht immer gut gemacht.

Die wichtigsten Fakten zum Lieferkettengesetz

Was ist eine Lieferkette?

Eine Lieferkette beginnt bei der Rohstoffgewinnung, geht über die Entwicklung, die Herstellung, den Verkauf bis zur Entsorgung. Es werden alle unmittelbaren und mittelbaren Lieferanten einbezogen, auch wenn diese ihren Sitz im Ausland haben. Im Gesetz werden „unmittelbare“ und „mittelbare“ Zulieferer erwähnt:

  • unmittelbare Zulieferer sind Unternehmen, deren Zulieferungen für die Herstellung eines Produkts oder Erbringung oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung notwendig sind.
  • mittelbare Zulieferer sind Betriebe, die keine unmittelbaren Zulieferer sind, deren Zulieferungen aber für die Herstellung des Produkts des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme einer Dienstleistung notwendig sind.
Konkret:  Sämtliche Vorlieferanten und weitere Unternehmen in der Lieferkette eines Unternehmens sind in die Umsetzung des Gesetzes einzubinden.

Was bezweckt das Lieferkettengesetz?

Der Gesetzgeber möchte erreichen, dass sich Unternehmen bewusst mit den Arbeits- und Produktionsbedingungen und dem Risiko von Menschenrechtsverstößen entlang ihrer Lieferkette auseinandersetzen, konkret:

  • die Menschenrechtslage zu verbessern,
  • Kinderarbeit zu reduzieren und
  • den Schutz von Menschen vor Ausbeutung zu erhöhen.

Hier ist klar: ohne Risikomanagement läuft hier nichts.

Weiterhin fordert das Gesetz eine schriftliche Grundsatzerklärung zur Menschenrechtsstrategie des Unternehmens.

Zielsetzung ist es, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten in den globalen Lieferketten zu verbessern. Das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“, kurz: LkSG, verpflichtet deutsche Unternehmen, ihre Lieferanten nicht allein anhand von Preis, Qualität oder Lieferzeit auszuwählen, sondern auch auf menschenwürdige Produktionsbedingungen zu achten.

Das LkSG orientiert sich dabei an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die zum Beispiel Kinder- und Zwangsarbeit, fehlenden Arbeitsschutz sowie Gewalt und Diskriminierung ächten.

Ab wann gilt das Gesetz? Und für wen?

Das Lieferkettengesetz ist bereits Anfang 2023 in Kraft getreten, zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab dem Jahr 2024 für Betriebe mit mindestens 1.000 Beschäftigten im Inland. Wie schon beschrieben gibt es auch bei kleineren Unternehmen   Handlungsbedarf, wenn sie für große Unternehmen arbeiten, die über die gesamte Lieferkette sicherstellen müssen, dass keine Verstöße möglich sind.

Warum sollte ein Kunde überhaupt so etwas bei seinen Lieferanten regulieren wollen?

Dies ist nicht einem sturen Prozessdenken geschuldet, sondern einem wirksamen Risikomanagement. In erster Linie, um die exorbitant hohen Bußgelder zu verhindern.

Kann ein Kunde einfach die Einhaltung des LkSG von einem nicht direkt betroffenen Unternehmen verlangen?

Eine pauschale Forderung, alle Verpflichtungen aus dem Gesetz einzuhalten, ist zu unbestimmt und damit nach einhelliger Meinung nicht zulässig. Jedoch dürfen und müssen Auftraggeber ihre Lieferanten in die neuen Sorgfaltspflichten einbinden, beispielsweise über Code of Conducts oder Regressklauseln. Das Gesetz verlangt von Unternehmen, dass sie mit ihren Zulieferern vertragliche Regelungen treffen, um menschenrechtliche Risiken zu verhindern.

Es gehört also zu den Pflichten der Auftraggeber, Produkte oder Lieferanten auszulisten, wenn sich das Risiko von Menschenrechtsverstößen anders nicht in den Griff bekommen lässt.

Reicht es, wenn wir, wie bisher, in eigenem Umfeld „kehren“?

Ein klares Nein! Das Gesetz erstreckt sich für jedes Unternehmen zunächst auf den eigenen Geschäftsbereich sowie auf unmittelbare Zulieferer, und zwar in jedem Land. Betriebe müssen also auch deutsche oder europäische Lieferanten ins Risikomanagement einbeziehen.

Mittelbare Zulieferer, also die Lieferanten von Lieferanten, müssen dagegen nur bei konkretem Verdacht berücksichtigt werden, beispielsweise bei Beschwerden Betroffener, Presseberichten über Missstände oder bei Hinweisen von Menschenrechtsorganisationen.

Durchsetzung des LkSG und Sanktionen

Die Sanktionierung erfolgt über 3 Ebenen: Direkt über Bußgelder, indirekt über den Verlust von Reputation und Aufträgen, bis hin zu zivilrechtlichen Klagen und der Gefahr des Schadenersatzes.

Bußgelder

Die Überwachung der Einhaltung erfolgt durch das Bundesamt für Wirtschaft und Außenkontrolle (BAFA). Hier muss über eine Eingabemaske ein jährlicher Bericht hinterlegt werden.

Auf Basis dieser Berichte wird das BAFA fallweise risikobasierte Kontrollen in Unternehmen vornehmen. Bei Beschwerden oder Hinweisen auf Verstöße darf das BAFA in den Betrieben kontrollieren.

Stellt das Bundesamt einen Verstoß fest, drohen Bußgelder von bis zu 2 Prozent des Jahresumsatzes (maximal 8 Millionen Euro).

Zudem können Betriebe von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Gut zu wissen: Für kleine und mittlere Unternehmen, die nicht unter das Gesetz fallen, ist das BAFA nicht zuständig. Sie müssen also weder Berichte abgeben noch mit Kontrollen oder Bußgeldern rechnen.

Verlust von Reputation und Aufträgen

Natürlich ist auch hier der Verlust des Lieferantenstatus ein Risiko, das im Zweifel Reputation, Umsatz und Erfolg kostet, und das über alle Unternehmensgrößen.

Es ist möglich, dass Betriebe, die das Gesetz nicht beachten, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht mehr berücksichtigt werden. Großunternehmen können ihrerseits Zulieferer mit Vertragsstrafen belegen, wenn sie die Bestimmungen nicht einhalten oder die Zusammenarbeit beenden.

Zivilrechtliche Haftungsansprüche

Zivilrechtliche Haftungsansprüche ergeben sich aus dem Gesetz bislang nicht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Zulieferer können also nicht gegen deutsche Unternehmen vorgehen, wenn diese ihre Sorgfaltspflicht missachten. Möglicherweise wird ein Recht auf Schadensersatz aber mit der geplanten EU-Richtlinie eingeführt

Schadenersatz gegenüber Auftraggebern

Auftraggeberinnen und Auftraggeber könnten durchaus versuchen, bei einzelnen Lieferanten Schadensersatz geltend zu machen, wenn sie durch deren Versäumnisse ins Visier der Behörden geraten und dadurch einen Schaden erleiden, etwa ein hohes Bußgeld oder den Verlust eines öffentlichen Auftrags.

Ausblick

Ist das nicht ein enormer zusätzlicher Aufwand? Sollte ich da nicht lieber warten, bis mich jemand „zum Tanz bittet“?

Natürlich verursacht das LkSG erst einmal zusätzlichen Aufwand. Bei den direkt betroffenen Unternehmen lassen sich die Vorgaben des LkSG jedoch gut in die Compliance-Managementsysteme integrieren.

Ähnlich wie im Hinweisgebergesetz müssen die Firmen ein Beschwerdesystem für die Menschen in der Lieferkette etablieren. Hier bietet sich die Erweiterung des Hinweisgebersystems auf die Lieferkette an.

Letztlich muss jedes Unternehmen der BAFA einen Bericht vorlegen, aus dem die Risiken und Maßnahmen hervorgehen. Dieser muss auch online veröffentlicht werden.

Ist das nicht vorauseilender Gehorsam? Was könnte die Zukunft bringen? Wird das Lieferkettengesetz gar auf kleinere Firmen ausgeweitet?

Antwort: Ja, Ja und Ja. Nur die zeitliche Frage ist noch nicht geklärt. Der EU-Kommission sind die deutschen Vorgaben zu lax. Die Beamten in Brüssel arbeiten an einer deutlich strengeren europäischen Richtlinie. Die „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD) soll für Unternehmen ab 500 Beschäftigten gelten, in sogenannten Risikobranchen, wie beispielsweise Textil, Nahrungsmittel, Holz, Rohstoffe, Metallverarbeitung oder Fischerei, sogar schon ab 250 Angestellten. Wird die EU-Richtlinie verabschiedet, muss Deutschland sein Lieferkettengesetz anpassen.

Konkrete Handlungsanweisung und Hilfe

Derzeit gibt es neben den vielen Arbeitshilfen und Tipps keine konkreten Forderungen zur Ausgestaltung des Systems. Man kann sich dem zunächst mit folgenden Fragen nähern:

  • Grundsatzerklärung, in der alle bekannten Risiken erfasst sind
  • Einholung von Zusagen von Vertragspartnern, die belegen, dass sie selbst die Regelungen des Gesetzes einhalten
  • Durchgriff: Verpflichtung der eigenen Lieferanten, dass diese sich von ihren Geschäftspartnern ebenfalls eine Erklärung einzuholen, in der angegeben wird, dass deren Lieferer das Gesetz ebenfalls beachten
  • Die Einrichtung eines Risikomanagementsystems wird vorgeschrieben, ggf. die Ergänzung eines vorhandenen Systems um den Punkt „Lieferkettengesetz“
  • Erfassung von direkt vom Gesetz betroffene Kunden, die sich ggf. durch Audits oder Frageboten an uns wenden
  • Offener und ehrlicher Umgang mit der Frage: Beziehen wir selbst Waren oder Rohstoffe von Firmen, die evtl. risikobehaftete Produktionsprozesse haben?
  • Gibt es vorhandene Methoden oder Verfahren, die auch im Rahmen des Lieferkettengesetzes genutzt werden können, z. B. Risikomanagementsysteme, Qualitätsmanagement, Hinweisgeberportal.

Unter https://kompass.wirtschaft-entwicklung.de/sorgfalts-kompass/strategie-entwickeln kann jedes Unternehmen auch ohne explizite Kenntnisse im Bereich Compliance, seine Vorgehensweise festlegen. Hier wird anhand von Fragen und Übersichten schnell ein Werkzeug an die Hand gegeben, das man auf seine Unternehmensgröße anpassen, ggf. runterbrechen kann.

Abseits von Schulungen finden kleinere Unternehmen konkrete Anleitungen und Tipps zum Umgang mit dem neuen Gesetz online im KMU-Kompass der Bundesregierung sowie auf den Seiten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA.

Kammern, Verbände, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder wir exkulpaner geben ebenfalls gerne Unterstützung und Auskunft.

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Gute Quellen zum Lieferkettensorgfaltspflichtsgesetz

Unternehmen müssen mit Amazon Web Services also zusätzlich einen AV-Vertrag mit den folgenden Inhalten schließen (§28 DSGVO):

  • Welche Daten werden an Amazon weitergegeben?
  • Wie lange speichert Amazon diese Daten?
  • Warum speichert Amazon diese Daten?
  • Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für die Verantwortlichen?
Die Rolle des Datenschutzes beim Cloud Computing mit Amazon Web Services

Meinung

Frei nach dem Motto „opinions are not facts“ hier eine Meinung zum Lieferkettengesetz, die auch ein wenig Hoffnung beinhaltet, dass wirklich die Bedingungen für Beschäftigte in einkommensschwachen Ländern besser werden, und dabei idealerweise die wirtschaftliche Energie von KKU bis zu Konzernen nicht im Keim erstickt wird.


Da das Verhindern von Menschenrechtsverletzungen nicht direkt zu den Pflichten der Unternehmer gehört, bieten sich auch hier immer noch gefühlte „Schlupflöcher“, die zum Wegsehen anregen. Allerdings müssen konkrete Maßnahmen nachgewiesen werden, um solche Risiken zu erkennen und zu vermeiden. Es zählt also mehr das Bemühen als das tatsächliche Ergebnis, aber immerhin.


Die Verpflichtung, zunächst nur den unmittelbaren Bereich des Unternehmens beachten zu müssen, sei es bis zur ersten Lieferantenstufe kann also schnell den Eindruck erwecken: „es kann weiterlaufen wie bisher. Wenn da irgendwo durch Kinderarbeit Fußbälle genäht werden, muss mich nur das nur interessieren, wenn ich Kenntnis davon erlange.“ Unternehmen tun allerdings gut daran, das Ganze nun ernster zu nehmen, also noch vor einigen Jahren. Durch die Meldesysteme, ggf. auch durch Meldungen an Behörden, ist die Gefahr ungleich größer, dass Informationen zu problematischen Bedingungen für Beschäftigte nach außen dringen. Das Scheuklappendenken der letzten Jahrzehnte sollte damit ein Ende haben. Der wirtschaftliche Druck wird freilich größer, sollte die direkte Konkurrenz höhere Risiken eingehen, oder Hinweise missachten. Es braucht also ggf. einen langen Atem. 


Denn eins ist klar: Sichere Lieferketten bringen letztlich große Vorteile. Das zeigte sich gerade in Zeiten der Pandemie, und wird inzwischen auch durch den Ukraine-Krieg weiter bestätigt. Hätte, hätte……ja hätten wir das im Bereich der Gaslieferungen nur alle früher beachtet … Ok. Das Kind ist schon mal im Brunnen, und wir sollten alle daraus lernen. Hier können wir genau beobachten, was Abhängigkeiten von unsauberen Lieferanten für fatale Wirkungen entfalten können, bis hin zur Gefahr, dass wir unsere demokratischen Grundwerte verraten müssen, um nicht zu frieren. Ausbeuter oder gar Mörder sollte niemand unterstützen, weder für den schnöden Mammon noch für sonstige Zwecke.

Frank Reifenrath

Geschäftsführer


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Frank Reifenrath
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