KI-Kompetenz nach KI-Verordnung: Neue Pflichten für Unternehmen

15. Januar 2025 - Minuten Lesezeit

Die am 1. August 2024 in Kraft getretene KI-Verordnung (KI-VO) stellt einen Meilenstein für den verantwortungsvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Europäischen Union dar. Während viele Regelungen der Verordnung erst ab dem 2. August 2026 wirksam werden, gelten die Bestimmungen zur Vermittlung von KI-Kompetenz nach Art. 4 KI-VO bereits ab dem 2. Februar 2025.

Besonders hervorzuheben ist, dass diese Vorschrift für alle KI-Systeme im Geltungsbereich der Verordnung Anwendung findet – unabhängig davon, ob es sich um Hochrisiko-KI-Systeme oder solche mit niedrigerem Risiko handelt. Diese frühe Verpflichtung verdeutlicht die strategische Relevanz von KI-Kompetenz für den sicheren und verantwortungsvollen Betrieb von KI-Systemen.

Werden in Ihrem Unternehmen also ChatGPT oder andere Anwendungen genutzt, müssen alle Mitarbeitenden, die mit diesen Anwendungen interagieren, geschult werden. 

Herausforderungen für Unternehmen und Bedeutung der KI-Kompetenz

Unternehmen stehen vor der Umsetzung der verpflichtenden KI-Kompetenz Schulung nach Art. 4 KI-VO, was mehrere Herausforderungen mit sich bringt:

Herausforderungen für Unternehmen und Bedeutung der KI-Kompetenz



Die erste zentrale Herausforderung ist der enge Zeitrahmen bis zum 2. Februar 2025. Unternehmen müssen in dieser kurzen Zeit nicht nur Schulungskonzepte entwickeln, sondern auch die organisatorischen Strukturen für deren Umsetzung schaffen.



Eine zweite wesentliche Herausforderung liegt in der Komplexität der Anforderungen: Die Verordnung verlangt unterschiedliche Kompetenzniveaus für verschiedene Mitarbeitergruppen - von der Geschäftsführung bis zu operativen Mitarbeitern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verordnung keine konkreten Maßstäbe für "ausreichende" Kompetenz definiert.



Die dritte Herausforderung betrifft die Ressourcenplanung: Unternehmen müssen qualifizierte Schulungsanbieter finden, Budgets bereitstellen und Mitarbeiterkapazitäten für die Teilnahme an Schulungen einplanen. Dies erfordert eine sorgfältige Balance zwischen operativem Tagesgeschäft und notwendigen Schulungsmaßnahmen.

Die Bedeutung der KI-Kompetenz zeigt sich dabei in mehreren Arten:

  • Als Schlüsselqualifikation ermöglicht sie den sachkundigen Einsatz von KI-Systemen.
  • Die KI-Kompetenz befähigt Mitarbeiter, Chancen und Risiken der KI-Nutzung zu erkennen.
  • Sie bildet die Grundlage für fundierte strategische Entscheidungen im KI-Kontext.
  • Das Know-How gewährleistet die Qualitätssicherung bei KI-gestützten Prozessen.
  • Die Kompetenz schafft Vertrauen in die eingesetzten Technologien.

Diese Herausforderungen und die zentrale Bedeutung der KI-Kompetenz bieten jedoch auch strategische Chancen:

  • Frühzeitige Investitionen in Schulungen sichern Wettbewerbsvorteile.
  • Geschulte Mitarbeiter minimieren Haftungsrisiken durch sachkundigen Umgang.
  • Eine kompetente Belegschaft stärkt das Vertrauen von Geschäftspartnern und Kunden.
  • Proaktive Schulungsmaßnahmen fördern eine positive Unternehmenskultur.

Besonders kritisch ist der rechtliche Aspekt: Bei Schäden durch fehlerhafte KI-Nutzung drohen erhebliche Haftungsrisiken. Fehlende oder mangelhafte Schulungen können als Verletzung der Sorgfaltspflicht gewertet werden. Dies gilt für alle KI-Systeme im Geltungsbereich der Verordnung – unabhängig von ihrer Risikoeinstufung.

Die Zeit drängt also: Unternehmen müssen bis zum Stichtag nicht nur ein fundiertes Schulungskonzept entwickeln, sondern auch die organisatorischen und personellen Voraussetzungen für dessen Umsetzung schaffen. Nur so können sie sowohl die gesetzlichen Anforderungen erfüllen als auch die strategischen Chancen der KI-Kompetenzentwicklung nutzen.

Haftungsrisiken aufgrund fehlender KI-Kompetenz nach KI-Verordnung

Anforderungen an die KI-Kompetenz nach Art. 4 KI-VO

Art. 4 KI-VO verpflichtet Anbieter und Betreiber von KI-Systemen dazu, sicherzustellen, dass ihre Mitarbeitenden und beauftragte Dritte über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Kompetenzanforderungen an die jeweiligen Aufgaben und die Art des eingesetzten KI-Systems angepasst sein müssen. Die Verordnung selbst gibt jedoch keinen konkreten Maßstab dafür vor, was genau unter „ausreichender“ Kompetenz zu verstehen ist. Diese Abstraktheit führt in der Praxis oft zu Unsicherheiten und einem erhöhten Umsetzungsaufwand.

Dennoch lässt sich aus der Formulierung des Art. 4 KI-VO ableiten, dass die Schulungsmaßnahmen sowohl technische als auch rechtliche und ethische Inhalte umfassen sollten, um Mitarbeitende zu befähigen, KI-Systeme sicher und verantwortungsvoll zu nutzen. Ein erfolgversprechender Ansatz zur Bewältigung dieser Aufgabe ist ein modulares Schulungskonzept, das unterschiedliche Zielgruppen spezifisch adressiert und flexibel auf ihre jeweiligen Bedürfnisse eingeht.

Dimensionen der KI-Kompetenz

Ein umfassendes Schulungskonzept sollte alle diese Dimensionen abdecken:

Technisches Wissen

Mitarbeitende müssen grundlegende Funktionsweisen von KI-Systemen verstehen, beispielsweise die Prinzipien des maschinellen Lernens und die Funktionsweise von Algorithmen. Diese Kenntnisse sind notwendig, um die Entscheidungsprozesse des KI-Systems nachvollziehen und kritisch hinterfragen zu können.

Bewusstsein für Chancen und Risiken

Die Nutzung von KI bietet zahlreiche Vorteile, wie beispielsweise Effizienzsteigerungen und verbesserte Entscheidungsprozesse. Gleichzeitig müssen sich die Nutzenden der Risiken bewusst sein, darunter Datenschutzprobleme, mögliche Verzerrungen (Bias) und Sicherheitslücken. Eine Schulung sollte daher die Fähigkeit vermitteln, diese Risiken zu erkennen und aktiv zu minimieren.

Rechtliches und ehtisches Verständnis

Die Schulungen müssen sicherstellen, dass die Nutzenden mit den rechtlichen Vorgaben und ethischen Standards der EU vertraut sind. Dies umfasst insbesondere den Datenschutz, das Verbot von Diskriminierung sowie die Anforderungen an Transparenz und Dokumentation. Ziel ist es, eine verantwortungsvolle Nutzung der KI-Systeme zu gewährleisten.

Schulung als zentrale Maßnahme zur Vermittlung von KI-Kompetenz

Die wichtigste Maßnahme zur Erfüllung der Anforderungen des Art. 4 KI-VO ist die Durchführung von Schulungen für alle Personen, die in irgendeiner Weise mit KI-Systemen arbeiten oder deren Betrieb unterstützen. Dabei ist es entscheidend, die Schulungen auf die jeweiligen Zielgruppen zuzuschneiden:

Operative Mitarbeitende

Diese Personen sind direkt für die Bedienung und Wartung der KI-Systeme zuständig und benötigen detaillierte Kenntnisse über deren Funktionsweise sowie mögliche Risiken.

Führungskräfte und Geschäftsführung

Entscheidungsträger müssen die Potenziale und rechtlichen Rahmenbedingungen der KI kennen, um fundierte strategische Entscheidungen treffen zu können. Der Schwerpunkt liegt hier weniger auf technischen Details, sondern auf einer umfassenden Übersicht über Chancen, Risiken und Compliance-Anforderungen.

Externe Dienstleister und Leiharbeitnehmer

Auch Personen, die temporär oder im Rahmen externer Projekte eingebunden sind, müssen ein Grundverständnis der eingesetzten KI-Technologien und der geltenden rechtlichen Anforderungen besitzen, um sicher und regelkonform arbeiten zu können.

Durch ein umfassendes Schulungskonzept wird gewährleistet, dass alle Beteiligten in der Lage sind, KI-Systeme sachgerecht zu bedienen, Risiken frühzeitig zu erkennen und im Sinne der gesetzlichen Vorgaben zu handeln.

Modulares Schulungskonzept: Zielgerichtete Wissensvermittlung

Ein modulares Schulungskonzept ermöglicht es, die Inhalte flexibel an die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wissensstände der Teilnehmenden anzupassen. Eine mögliche Struktur könnte folgende Module umfassen:

Modulares Schulungskonzept: Zielgerichtete Wissensvermittlung zur KI-Kompetenz

1. Grundlagenschulung für alle Mitarbeitenden

Diese Schulung vermittelt grundlegendes Wissen über KI, darunter die Funktionsweise von KI-Systemen, rechtliche Rahmenbedingungen und ethische Überlegungen. Ziel ist es, ein breites Bewusstsein für die Chancen und Risiken von KI zu schaffen.

2. Spezialschulung für Führungskräfte und Geschäftsführung

Der Fokus liegt auf der strategischen Einordnung der KI-Technologien sowie auf der Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen. Ziel ist es, die Entscheidungsfindung im Hinblick auf den KI-Einsatz zu stärken.

3. Technische Schulung für IT-Fachkräfte und Entwickler

Diese Schulung vermittelt detaillierte Kenntnisse über Algorithmen, maschinelles Lernen und Datenverarbeitung. Sie ist speziell auf die Bedürfnisse derjenigen ausgerichtet, die KI-Systeme entwickeln, überwachen oder optimieren.

4. Schulung für externe Berater und Dienstleister

Diese Schulung stellt sicher, dass auch externe Beteiligte die eingesetzten KI-Systeme sicher und regelkonform nutzen können. Sie umfasst grundlegende Inhalte zur Technologie sowie rechtliche und ethische Vorgaben.

Weitere Maßnahmen zur Förderung der KI-Kompetenz

Zusätzlich zu Schulungen können Unternehmen weitere Maßnahmen ergreifen, um die KI-Kompetenz nachhaltig zu fördern:

  • Interne Richtlinien und Standards: Diese dienen als Orientierungshilfe für alle Mitarbeitenden und definieren klare Vorgaben zur Nutzung, Überwachung und Wartung von KI-Systemen. 
  • Ernennung eines KI-Beauftragten: Ein zentraler Ansprechpartner kann Schulungen organisieren, Fragen beantworten und als Schnittstelle für alle KI-bezogenen Themen fungieren. 
  • Regelmäßige Fortbildungsangebote: Da sich der Bereich der KI schnell weiterentwickelt, sind regelmäßige Weiterbildungen unerlässlich, um auf dem neuesten Stand zu bleiben und rechtliche Neuerungen umzusetzen. 

Fazit

Die Anforderungen der KI-VO stellen Unternehmen vor eine Herausforderung, die zugleich eine strategische Chance bietet: Sie ermöglichen es, langfristig Sicherheit und Qualität im Umgang mit KI zu gewährleisten.

Unternehmen, die auf ein ganzheitliches Schulungskonzept setzen, erfüllen nicht nur die gesetzlichen Vorgaben, sondern etablieren eine Kultur der Verantwortung und Sicherheit im Umgang mit KI. 


Eine durchdachte Schulungsstrategie ist daher mehr als eine Formalität – sie ist der Schlüssel zu einer sicheren, effizienten und zukunftsorientierten Nutzung künstlicher Intelligenz.

Aurea Verebes

Aurea
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