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Werbung: Datenschutzrechtliche Fallstricke. „Mea culpa“ oder doch „Non mea culpa“?

26. Juli 2022 - Minuten Lesezeit

Ein Gespräch auf einer Messe...

„Sagen Sie, wie kommen Sie eigentlich an Neukunden?“

„Na ja, eigentlich sehr einfach. Ich habe sehr fleißige Mitarbeiter, die den Kundenstamm gut pflegen und daraus immer wieder Geschäft generieren!“

„Ja, das stimmt schon, aber im heutigen Zeitalter gibt es auch effizientere Methoden, finden Sie nicht? Ich zum Beispiel kaufe billig Adressen ein, die ich sogar etwas selektieren kann. Weil da auch meist die Mailadressen dabei sind, lasse ich die dann anschreiben!“

„Aber das ist doch datenschutzrechtlich bedenklich!“

„Wieso? Das sind doch alles Selbstständige und keine natürlichen Personen. Da gilt das Datenschutzrecht doch gar nicht!“

Was ich hier wiedergebe, ist ein durchaus gängiges Verhalten. Aber es stellt sich die Frage, ob das so stimmt?

Rechtliche Grundlagen aus der DS-GVO

Hierbei sollte beachtet werden, dass bei der Werbung immer mindestens 2 unterschiedliche Gesetze berührt werden. Zum einen die allseits beliebte „Europäische Datenschutzgrundverordnung“ (DS-GVO), zum anderen aber auch das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG). Was aber bedeutet das jetzt für unseren Werbetreibenden? Hierzu müssen wir die Thematik aus zwei Gesichtspunkten beleuchten. Zum einen aus Sicht der DS-GVO. Lassen Sie uns damit beginnen festzulegen, was überhaupt „Werbung“ im Sinne der DS-GVO ist. Dazu gibt es folgende Aussage der Datenschutzkonferenz (Februar 2022, „OH Werbung“):

Werbung meint „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern“.

Eine derartige Einstufung davon, was nun unter dem Begriff „Werbung“ zu verstehen ist, legen auch die Gerichte in ihren Entscheidungen zugrunde. Damit sind u.a. Zufriedenheitsnachfragen, Geburtstags- und Weihnachtsmailings, aber auch Erinnerungen an einen fälligen Termin für eine Hauptuntersuchung beim Fahrzeug oder eine Erinnerung an einen fälligen Servicetermin usw. als Werbung anzusehen.

Diese Auslegung gilt grundsätzlich unabhängig davon, wer hinter der Kontaktaufnahme steht. Auch Parteien, Vereine oder sogar soziale und karitative Einrichtungen sind hier nicht ausgenommen.

An erster Stelle, sozusagen als „Königsweg“, steht natürlich die sog. „Einwilligung des Betroffenen“ in den Erhalt von Werbung, bzw der Nutzung der Daten für Werbung. (vgl Art.6 Abs. 1 lit a DSGVO i.V.m. Art 7 ff DSGVO; auch die Erwägungsgründe 32, 33, 42 und 43 befassen sich mit diesem Thema).

Wie immer ist es auch in diesem Falle wichtig, diese Einwilligung in dokumentierter Form nachweisen zu können. Die Art der Einholung einer Einwilligung kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Hier soll nur kurz das Stichwort des „Double-Out-In“ erwähnt werden. Nähere Informationen zur Einwilligung beim Thema Newsletter finden Sie hier

Zum anderen wäre da auch noch das sog. „berechtigte Interesse“ des Werbenden (Art.6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Dieses wird in dem sog. „Erwägungsgrund“ 47 DSGVO wie folgt spezifiziert:

„Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“

Diese Rechtsgrundlage greift aber nur, wenn der Werbende VOR der Werbung eine sog. „Interessenabwägung“ vorgenommen hat. Diesen Vorgang hier im Einzelnen zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen. Daher sei auf die Veröffentlichung der DSK verwiesen, die das Thema unter dem Punkt 1.3.1 ausführlich behandelt.

E-Mail-Werbung-Datenschutz

Rechtliche Grundlagen aus dem UWG

Vereinfacht kann man also sagen, dass Mailwerbung unter Gesichtspunkten der DS-GVO zulässig ist. Ok, denken Sie jetzt evtl., aber da war doch noch was mit dem UWG? Stimmt, denn im UWG wird das Thema „Werbung“ im §7 UWG unter dem Begriff „unzulässige Belästigung“ sehr eindeutig angesprochen.

Zuerst müssen wir den Abs. 1 betrachten. Dort steht etwas sehr Wichtiges:

  • (1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. 

Hier fällt ein Begriff ins Auge, nämlich der des „Marktteilnehmers“. Das bedeutet schlicht und einfach, dass hierunter nicht nur „natürliche Personen“ fallen, sondern auch Unternehmen. Und das wiederum liefert die Begründung dafür, dass eine Mailwerbung nach DS-GVO durchaus zulässig sein kann (weil z.B. keine natürliche Person angesprochen wird, bzw. keine Rückschlüsse auf eine solche möglich sind), der Werbende aber dennoch gegen ein Gesetz verstößt, nämlich gegen das UWG.

Allerdings kennt auch das UWG Ausnahmen, diese sind im Absatz (3) formuliert:

  • (3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 2 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn:
  • 1 .ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat, 
  • 2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  • 3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und 
  • 4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Sehr wichtig ist dabei, dass ALLE Unterpunkte (1-4) kumulativ eingehalten werden müssen und dass sich diese Ausnahme auf die Mailwerbung (elektronische Post) bezieht. Keinesfalls gilt diese Ausnahme für die telefonische Werbung.

Bedeutung für die Praxis

Habe ich als Werbetreibender eine Mailadresse im Rahmen einer geschäftlichen Handlung erhalten (z.B. Anmeldung zum Newsletter, Anfrage für ein Angebot, allgemeine Anfrage zu meinen Produkten, Bitte um Katalogzusendung, u.v.m.), dann darf ich diesen (potenziellen) Kunden per Werbemail anschreiben. Gleiches gilt auch für die sog. „Direktwerbung“. D.h.: Ich schreibe Unternehmen an, bei denen ich (stark vereinfacht gesagt) davon ausgehen kann, dass Interesse an meinen Produkten besteht (z.B.: Ein Reifenhändler schreibt per Werbemail Autohäuser an). Aber Achtung: Diese konkludente Auslegung ist ziemlich eng gefasst. Die Annahme, dass ein allgemeines Interesse an Versicherungsprodukten besteht, ist nicht gegeben. Grundsätzlich sollte beachtet werden, dass hier gewisse Formen eingehalten werden müssen, als da wären:

  1. 1
    Mein Unternehmen muss eindeutig als Mailversender auszumachen sein.
  2. 2
    Es darf kein Widerspruch vorliegen.
  3. 3
    Die Rechtsgrundlage sollte benannt werden, z.B. als Fußnote. (Sie erhalten diese Mail, weil Sie in unserer Interessentendatenbank gespeichert* sind. Rechtsgrundlage für die Mail ist Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO i.V.m. §7 Abs. 3 UAbs. 2 u. 3).
  4. 4
    Die Mail muss eine Widerrufsbelehrung enthalten (z.B. „wenn Sie zukünftig keine Informationen mehr von uns wünschen, können Sie sich HIER austragen“). Das muss mit einem Klick möglich sein, ohne (z.B.) erneute Angabe der Mailadresse, und im Folgenden automatisch bestätigt werden.

*Es muss belegbar sein, woher die verwendete Mailadresse stammt.

Insbesondere die Prüfung eines evtl. vorliegenden Werbewiderspruches kann beim Adressenkauf i.d.R. nicht vorausgesetzt werden, gleichwohl trägt der Käufer das Haftungsrisiko, wenn er diese Mailadressen verwendet.

Fazit

Erfahrungsgemäß sind Kunden heute bereits gut informiert und eine Nachfrage nach dem Motto: „Auf welche Rechtsgrundlage stützen Sie Ihre an mich versandte Werbemail?“ kann dann schon mal für das Unternehmen zu einer echten Herausforderung werden, wenn keine Begründung gegeben werden kann.


Eine solche Anfrage stellt auch eine Geltendmachung von Betroffenenrechten dar (DSGVO) und muss innerhalb einer Frist von max. 4 Wochen beantwortet werden. Wird das ignoriert, dann drohen dem Unternehmen in einem Worst-Case-Szenario neben einem evtl. Bußgeld wegen der Zusendung von unverlangter Werbung gemäß UWG, auch noch Bußgelder aufgrund einer Fristversäumnis nach DSGVO.

Roman Nowack

Roman Nowack
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