Videoüberwachung & Datenschutz
Oft kommt es in Mehrfamilienhäusern zu verdreckten Hausfluren, beschädigten Türen oder zu Einbrüchen. Zur Vorbeugung möchten viele Wohnungseigentümer eine Videoüberwachungsanlage im Hausflur aufhängen. Da die Installation der Anlage allerdings einen hohen Eingriff in die Privatsphäre der Mieter darstellt, steht der Vermieter vor der Frage, ob die Installation rechtlich zulässig ist oder nicht.
Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung
Bekanntlich braucht es im Datenschutz immer eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Bei vielen Vermietern herrscht leider der Irrglaube, eine Einwilligung aller Mieter würde die Installation der Videoüberwachungsanlage ermöglichen. Laut Art. 7 Abs. 4 Datenschutz-Grundverordnung muss die Einwilligung freiwillig sein. In einem Mietverhältnis kann aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses von einer Freiwilligkeit allerdings nicht pauschal ausgegangen werden und die Bedingungen sind somit nicht erfüllt. Zudem können die Mieter ihre Einwilligung jederzeit widerrufen und die Aufnahme muss dann zunächst so lange gestoppt werden, bis der Widerruf geprüft wurde. Auch greift die Einwilligung nicht für Postboten, Besucher und Familienangehörige, sodass eindeutig klar ist, dass die Installation nicht auf der Rechtsgrundlage der Einwilligung basieren kann.
Die Installation der Videoüberwachungsanlage kann daher nur auf der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses (Art.6 Abs. 1 lit. f DSGVO) durchgeführt werden.
Interessenabwägung zwischen den Interessen der Mieter und des Vermieters
Immer, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten auf der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses beruht, muss der Verantwortliche, in diesem Falle der Vermieter, eine Interessenabwägung durchführen. Während der Vermieter das eigene Gebäude vor Vandalismus schützen möchte, wünschen die Mieter den Schutz ihrer Privatsphäre. Das Anfertigen von Videoaufnahmen stellt grundsätzlich einen hohen Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen dar (Recht am eigenen Bild). Der Vermieter muss also die Interessen der betroffenen Personen seinen eigenen Interessen gegenüberstellen und bewerten. Nur wenn die Interessen des Vermieters überwiegen, darf die Videoüberwachungsanlage installiert werden. In den meisten Fällen ist es allerdings so, dass der Vermieter keine Möglichkeit hat, eine Videoüberwachungsanlage zu installieren, da fast immer die Interessen der betroffenen Mieter überwiegen. Bei welchen Ausnahmefällen die Installation allerdings doch möglich ist, möchten wir in diesem Artikel klären.
In Ausnahmefällen kann eine Videoüberwachungsanlage im Hausflur installiert werden.
Nur in ganz wenigen Fällen und unter Berücksichtigung vieler datenschutzrechtlicher Faktoren können die Interessen des Vermieters überwiegen. Dies kann etwa sein, wenn es tatsächlich begründete und dokumentierte Vandalismus-Vorfälle gab, die nicht nur das Eigentum des Vermieters beschädigen, sondern eben auch den Mietern ein unsicheres Gefühl geben und die Wohn- und Lebensqualität negativ beeinflussen.
Somit besteht die Möglichkeit, der Vermieter überwacht den Mieter.
Datenschutzmaßnahmen vor der Installation einer Videoüberwachung
Vor der Installation einer Anlage zur Videoüberwachung, muss immer nach einem milderen Mittel gesucht werden.
Im Datenschutz muss zudem immer darauf geachtet werden, ob es ein milderes Mittel gibt, das mit ähnlichem Aufwand denselben Zweck erfüllt. Mildere Mittel könnten unter anderem sein:
Bevor der Vermieter eine Anlage installieren kann, sollten folgende Vorab-Maßnahmen getroffen werden. Folgendes Vorgehen könnte bereits weiterhelfen:
Dokumentation
Der Vermieter sollte die bisherigen Vorfälle intern dokumentieren, damit er - falls es zu einer Beschwerde kommt - nachweisen kann, dass es in der Vergangenheit bereits Vorfälle gab und eine Videoüberwachung unbedingt notwendig ist.
Vorab-Information
Der Vermieter sollte die Mieter vorab per Brief sowie mittels Aushänge am und im Haus (und gegebenenfalls im Aufzug) darüber informieren, dass in Betracht gezogen wird, eine Videoüberwachungsanlage zu installieren, sofern die Vandalismus-Vorfälle anhalten. In dem Schreiben und den Aushängen sollte darauf hingewiesen werden, dass diese Maßnahme der Sicherheit und der Wahrung von Wohn- und Lebensqualität aller Mieter dient. Nach Veröffentlichung dieser Ankündigung sollte eine gewisse Zeit beobachtet werden, ob es zu weiteren Vorfällen kommt. Sofern es zu keinen weiteren Vorfällen kommt, hätte die Ankündigung ihren Zweck erfüllt und die Installation einer Videoüberwachungsanlage wäre nicht mehr zweckdienlich und somit obsolet.
Diese datenschutzrechtlichen Maßnahmen muss der Vermieter beachten, wenn eine Videoüberwachungsanlage installiert werden soll
Sollte es nach der zuvor genannten Ankündigung dennoch zu weiteren Vorfällen kommen und der Vermieter entscheidet sich für eine Videoüberwachungsanlage, sind unbedingt die folgenden Punkte zu beachten:
Zunächst sollte der Vermieter prüfen, ob nicht Kameraattrappen angebracht werden können, die denselben Zweck erfüllen. Dennoch sind auch bei der Anbringung von Attrappen alle im Folgenden aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen (sofern notwendig).
Der Mieter und alle Betroffenen (Postbote, Besucher usw.) sind mittels Hinweisschilder über die Videoüberwachungsanlage zu informieren. Die Hinweisschilder müssen so angebracht werden, dass die Betroffenen vor der Erfassung über die Videoüberwachung informiert werden, das Hinweisschild also wahrnehmen, bevor Sie den überwachten Bereich betreten. Die Anforderungen an ein solches Hinweisschild sind unter anderem im Art. 13 der DSGVO definiert.
Es ist zwingend darauf zu achten, dass keine fremden und öffentlichen Bereiche, wie zum Beispiel Nachbargrundstücke und Straßen, gefilmt werden.
Es sollten so wenige Kameras wie möglich installiert werden, und nach Möglichkeit nur sehr allgemeine Bereiche erfasst werden. Das bedeutet: Es sollte vermieden werden, dass der gesamte Flur und die Hauseingangsbereiche zu der Wohnung ebenfalls erfasst werden.
Der Zugriff auf die Aufnahmen darf nur einem möglichst kleinen Personenkreis ermöglicht sein (Need-to-know-Prinzip). Auswertungen der Aufnahmen dürfen nur bei konkretem Anlass erfolgen, sollten nach dem Vier-Augen-Prinzip stattfinden und sind zu dokumentieren.
Zusätzlich sollte vor der Installation unbedingt eine gesetzlich geforderte Datenschutzfolgeabschätzung nach Art. 35 DSGVO durchgeführt werden. Eine Datenschutzfolgeabschätzung ist eine Risikobewertung für die einzelnen Verfahren, die im besten Fall mit der Unterstützung des Datenschutzbeauftragten durchgeführt wird.
Hier finden Sie ein Muster für eine Datenschutzfolgeabschätzung (kurz DSFA).
Falls ein Dienstleister mit der Installation beauftragt wird, ist vorab abzuklären, ob dieser anschließend (potenziellen) Zugriff auf die Aufnahmen hat, zum Beispiel im Rahmen von technischen Supportleistungen. In diesem Fall ist ein Datenschutzvertrag, ein sogenannter Auftragsverarbeitungsvertrag nach Art. 28 DSGVO zu schließen. Dieser sollte dann immer beim Dienstleister angefordert werden.
Es ist darauf zu achten, dass die Aufnahmen nur so lange gespeichert werden, wie notwendig (maximal 48-72 Stunden). Lediglich bei konkreten Vorfällen, dürfen die Aufnahmen dann auch länger, bis zur Klärung eines Vorfalls, aufbewahrt werden.
Sollte es weiterhin zu Vandalismus-Vorfällen kommen, müssen diese unbedingt dokumentiert werden, um einer etwaigen Rechenschaftspflicht gegenüber Betroffenen und Behörden nachkommen zu können.
Mindestens ein Mal jährlich sollte dann eine erneute Risikobewertung durchgeführt werden, um zu eruieren, ob die Videoüberwachungsanlage weiterhin notwendig und rechtmäßig ist.
Darf der Bereich der Mülltonnen gefilmt werden?
Die Ausführungen zur Videoüberwachung im Mehrfamilienhaus sind grundsätzlich auch auf den Bereich der Mülltonnen anzuwenden, wobei hier der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen grundsätzlich deutlich geringer ausfallen dürfte, da nicht davon auszugehen ist, dass Besucher, Lieferdienste oder andere Dritte erfasst werden, und keine Rückschlüsse auf die privaten Wohnungen zu ziehen sind.
Fazit
Die Installation einer Videoüberwachungsanlage im Mietshaus kann nur auf der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses beruhen. Dabei muss der Verantwortliche immer eine Interessenabwägung durchführen und die Interessen der betroffenen Personen seinen eigenen Interessen gegenüberstellen. Grundsätzlich muss somit bei jeder geplanten Überwachungskamera eine Einzelfallentscheidung getroffen werden.
Wenn es im Mietshaus allerdings bereits zu dokumentierten Vorfällen kam, der Verantwortliche nach einem milderen Mittel gesucht hat und die Umsetzung der Videoüberwachungsanlage datenschutzkonform geschieht, hat der Vermieter die Möglichkeit, im Hausflur die Videoüberwachungsanlage zu installieren. Wir empfehlen allerdings dringend, immer auch den Rat eines fachkundigen Datenschutzbeauftragten hinzuzuziehen.
Die Berater der exkulpa gmbh unterstützen Sie hierbei gerne.
Wenden Sie sich bei Fragen gerne ganz unverbindlich an uns.
Pia Peltzer