Wurde das vergangene Jahrhundert noch von Unternehmen dominiert, die physische Güter produzierten, so gehört das 21. Jahrhundert vermutlich jenen, die mit digitalen Gütern, kurz Daten handeln. Zum Vergleich:
Während Thyssen Krupp in 2018 ca. 42,7 Mrd. Euro Umsatz mit knapp 161.000 Mitarbeitern erzielte, erzielte Facebook im selben Jahr mit ungefähr 80% weniger Mitarbeitern einen 13 Mrd. Euro-höheren Umsatz.
Dem Handel mit Ihren Daten sind Sie dabei nicht komplett ausgeliefert. In diesem Artikel erfahren Sie mit welchen Maßnahmen Sie sich wehren können, doch schauen wir zunächst einmal, wieso das überhaupt Sinn macht:
Kein Monat ohne Skandal bei Facebook
Das soziale Netzwerk verzeichnet weiterhin eine wachsende Nutzeranzahl und das, obwohl in 2019 kaum ein Monat verging, ohne einen neuen Datenschutzskandal:
Monat | Titel |
---|---|
September 2019 | |
August 2019 | |
Juli 2019 | |
Juli 2019 | |
März 2019 | |
März 2019 | |
Januar 2019 |
Eine Vielzahl von Usern hat aus den Skandalen bereits ihre eigenen Schlüsse gezogen und dem sozialen Netzwerk den Rücken gekehrt. Falls Sie aus privaten oder beruflichen Gründen weiterhin im sozialen Netzwerk agieren, möchten wir Ihnen in diesem Artikel 8 Wege zur digitalen Selbstverteidigung gegen das Ausspionieren Ihrer persönlichen Daten mitgeben.
Beachten Sie, dass Facebook hier stellvertretend für die gesamte Branche der Datensammler, -hehler und -händler steht. Viele der genannten Wege werden so oder ähnlich von Facebooks Mitbewerbern und ähnlichen Onlineunternehmen eingesetzt.
1. Das Ausspionieren Ihres Aufenthaltsortes
Dass Facebook den Aufenthaltsort der User aufzeichnet, ist nichts Neues.
Erkennbar ist dies z.B. daran, dass das Netzwerk bereits den genauen Ort zu einem Bild hinzufügt, sobald dieses in das Netzwerk hochgeladen wird.
Andere Gründe für diese Trackingform sieht Facebook in der Schaltung relevanter ortsbezogener Werbeanzeigen oder Funktionen wie „Freunde in der Nähe“, um Ihnen anzuzeigen, wenn sich einer Ihrer Kontakte geographisch in Ihrem Umfeld aufhält.
Wie Sie Facebooks Ausspionieren Ihres Standortes verhindern
Bei iOS finden Sie die Einstellung unter:
Einstellungen / Datenschutz / Ortungsdienste / Facebook
-> Ersetzen Sie "Beim Verwenden der App" durch "Nie".
Bei Android finden Sie die Einstellung unter:
Einstellungen / Apps & Benachrichtigungen / Apps / Facebook / Zugriffsrechte
-> Deaktivieren Sie alle nicht gewünschten Berechtigungen.
2. Das Ausspionieren Ihres Mikrofons
Ein anhaltendes Gerücht besagt, dass Facebook seine Nutzer stets über die Mikrofone der Devices (Smartphone, Tablet, Laptop) ausspioniert, um Gesprächsinhalte mitzuschneiden und den Usern entsprechend passende Werbeanzeigen zu präsentieren.
Von Facebook selbst wurde dies dementiert und kommuniziert, dass die Handy-Apps das Mikrofon lediglich verwenden, um Dinge, die wir ansehen oder hören mitzuschneiden und mit bereits in ihrer Datenbank bekannten Musik- oder TV-Sendungen zu vergleichen.
Nichtsdestotrotz sind sich viele Kritiker darüber einig, dass Facebook und Konsorten private Gespräche aufzeichnen und diese nach bestimmten Schlagwörtern sortieren, um dem User dann im Anschluss passende Werbeanzeigen oder Stories auszuspielen.
Wie Sie Facebooks Ausspionieren durch Ihr Mikrofon unterbinden
Bei iOS finden Sie die Einstellung unter:
Einstellungen / Datenschutz / Mikrofon / Facebook
-> Deaktivieren Sie den grün hinterlegten Button.
Bei Android finden Sie die Einstellungs-möglichkeit unter:
Einstellungen / Apps & Benachrichtigungen / Apps / Facebook / Zugriffsrechte
-> Wie zuvor auch können Sie für jede App einzeln festlegen, welche Rechte Sie ihr gewähren möchten.
Logischerweise macht es im Falle von Facebook Sinn, diese Berechtigungen neben der allgemeinen Facebook-App auch den komplementären Apps wie z.B. Instagram, Messenger und WhatsApp zu entziehen, wenn Sie das Aufnehmen von persönlichen Informationen durch Facebook gänzlich unterbinden möchten.
3. Das Ausspionieren Ihres Surfverhaltens
Auch wenn Sie sich gerade nicht auf Facebook aufhalten oder eingeloggt sind, trackt Facebook mithilfe des sogenannten Facebookpixels Ihr Surfverhalten mit.
Der Pixel wird vom Webseitenbetreiber eigenständig z.B. in seinen Onlineshop eingebaut, um nachzuverfolgen, für welche Produkte Sie sich interessiert haben.
So kann der Shop-Betreiber Ihnen das angeklickte, aber nicht erworbene Produkt z.B. immer wieder als Werbeanzeige innerhalb des Facebookuniversums anzeigen lassen.
Wie Sie Facebooks Ausspionieren Ihres Surfverhaltens mithilfe des Pixels unterbinden
Rufen Sie die allgemeinen Einstellungen innerhalb Facebooks auf und klicken Sie links unten auf den Punkt „Werbeanzeigen“.
Deaktivieren Sie den Unterpunkt „Werbeanzeigen auf Basis von Partnerdaten“.
Alternativ oder sogar parallel dazu können Sie Ihren Browser um einen sogenannten Script-Blocker erweitern, um Ihre Privatsphäre zu sichern und sich vor der Werbeindustrie sowie böswilliger Schadsoftware beim Browsen zu schützen.
Tipp: Über die Webseite www.youronlinechoices.eu können Sie übrigens einen OptOut aus Facebooks (& weiteren) nutzerbasiertem Werbetracking durchführen.
Da Facebook sich beim Ausspionieren Ihres Surfverhaltens eines sogenannten Supercookies bedient, wird Ihr Browserverlauf übrigens auch mitgeschnitten, wenn Sie ausgeloggt auf anderen Webseiten oder Tabs surfen.
Diese Form von Tracking können Sie umgehen, indem Sie für Ihre Facebook-Aktivitäten einen gesonderten Browser verwenden, der ausschließlich für die Nutzung von Facebook (und ähnlichen "Datensammlern") verwendet wird.
Nutzen Sie aktuell nur einen einzigen Browser für alles, installieren Sie einfach einen Weiteren, den Sie für alle anderen Onlineaktivitäten (jenseits von Social Media) nutzen, um Facebook vom Tracking Ihres Surfverhaltens abzuhalten.
4. Die Erstellung eines Persönlichkeitsprofils durch Facebook
Wussten Sie, dass Facebook mithilfe weniger Likes von Ihnen ein erstaunlich akkurates Persönlichkeitsprofil zu Ihrer Person erstellen kann? Eine Studie kam zu dem folgenden Ergebnis:
Like-Anzahl | Facebook kennt Sie besser als Ihr/e |
---|---|
10 | |
70 | |
150 | |
300 |
Wie Sie Facebooks Erstellung eines Persönlichkeitsprofils unterbinden
Um das Erstellen eines solchen Profils zu unterbinden, rufen Sie die allgemeinen Einstellungen auf und klicken Sie links unten auf „Werbeanzeigen“.
Für den größtmöglichen Datenschutz deaktivieren Sie alle drei Unterpunkte zu den Einstellungen für Werbeanzeigen.
Übrigens:
Unter "Deine Interessen" können Sie einsehen, anhand welcher Kriterien Sie bis dato bereits über Facebook "targetierbar" sind und diese bei Bedarf auch anpassen bzw. löschen.
Unter "Werbetreibende und Unternehmen" können Sie u.A. einsehen, welche Werbetreibenden Ihre Informationen hochgeladen haben, um ggf. Retargeting-Werbeanzeigen zu schalten. Diese können ebenfalls einzeln oder komplett gelöscht werden und geben Ihnen darüber hinaus mittlerweile eine gewisse Transparenz darüber, wer Ihre Daten u.U. rechtswidrig für Marketingzwecke missbraucht.
Unter "Deine Informationen" können Sie festlegen, ob Ihnen Werbung anhand Ihres Beziehungsstatus, Arbeitgebers, Ihrer Berufsbezeichnung, Ausbildung und weiteren Kategorien wie z.B. technischen Hintergrundinformationen, zu Ihrem Account ausgespielt werden darf.
5. Das Ausspionieren Ihrer Kontakte, Anrufe und Textnachrichten
Bei der ersten Installation von Facebook (oder auch z.B. WhatsApp) auf dem Handy verlangt die App die Erlaubnis, um auf Ihre Kontakte zugreifen zu können.
Erteilen Sie der App diesen Zugriff, wird Ihre gesamte Kontaktliste hochgeladen, um zu sehen, welche Ihrer Kontakte bereits in der Plattform vorhanden sind, damit Sie Ihnen direkt als Freundschaftskontakte angezeigt werden können.
Bei der ersten Installation von Facebook (oder auch z.B. WhatsApp) auf dem Handy verlangt die App die Erlaubnis, um auf Ihre Kontakte zugreifen zu können.
Erteilen Sie der App diesen Zugriff, wird Ihre gesamte Kontaktliste hochgeladen, um zu sehen, welche Ihrer Kontakte bereits in der Plattform vorhanden sind, damit Sie Ihnen direkt als Freundschaftskontakte angezeigt werden können.
Was zunächst praktisch klingt ist datenschutztechnisch eine absolute Katastrophe, da Facebooks Datenbank durch diese Praxis auch um jene Kontakte erweitert wird, die wohlmöglich aus Datenschutz- oder anderen Gründen nichts mit dem Unternehmen zu tun haben wollen.
Gerade im beruflichen Kontext, indem dann die DS-GVO und das neue BDSG greifen, begeht man mit der Erteilung der Zugriffserlaubnis gleich mehrere Datenschutzverstöße, z.B. in Form von unerlaubten Drittlandsübermittlungen personenbezogener Daten - nämlich Ihrer Kontakte im Smartphone.
Darüberhinaus trackt Facebook Ihre Anruf- und SMS-Informationen.
Auch wenn es sich hierbei nicht um die spezifischen Inhalte einer Korrespondenz handelt, so haben auch die Metadaten (wie z.B. Anrufzeitpunkt, Anrufdauer etc.) eine gewisse Relevanz für Ihre Privatsphäre.
Wie Sie das Ausspionieren Ihrer Kontakte, Anrufe und Textnachrichten durch Facebook verhindern
Eine detaillierte Anleitung darüber, wie Sie die Synchronisierung Ihrer Kontakte an Facebook unterbinden können, finden Sie im folgenden Artikel bei den Kollegen von Heise.
Hinzu kommt, dass Sie Apps ähnlich wie bei den Mikrofonberechtigungen auch die Berechtigungen für den Zugriff auf Ihre Kontakte entziehen können.
Bei iOS finden Sie | Bei Android finden Sie |
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Einstellungen / Datenschutz / Kontakte / Facebook | Einstellungen / Apps & Benachrichtigungen / Apps / Facebook / Zugriffsrechte |
Den Upload Ihres Gesprächs- und Textverlaufs können Sie über die Messenger-App unterbinden.
-> Klicken Sie oben Links auf Ihr Profilbild / Personen / Kontakte verwalten
Und „deaktivieren Sie den kontinuierlichen Anruf- und SMS-Abgleich“
6. Das Ausspionieren Ihres Offline-Kaufverhaltens
Richtig gelesen.
Auch bei Offlinekäufen trackt Facebook Daten über Sie und Ihre Einkäufe, wenn Sie dies mit Bonussystemen oder Kundenkarten machen, um gewisse Vorzüge, Rabatte, Boni oder sonstige Vorteile zu genießen.
Da Facebook Zugriff auf die Daten verschiedener Zahlungsdienstanbieter hat, ist es für das Unternehmen in der Regel nicht schwer, genau zu wissen, was Sie gekauft haben oder ferner, wieviel Geld Sie durchschnittlich ausgeben, um Sie noch genauer einordnen und mit („relevanterer“) Werbung bespielen zu können.
Mithilfe des sogenannten Offline-Conversion-Trackings bietet Facebook diese Tracking-Möglichkeit übrigens auch gleich für alle Werbetreibenden auf der Plattform an, um den Erfolg einer Werbeanzeige in einem lokalen Betrieb nachvollziehbarer zu machen.
Aus Datenschutz-/DS-GVO-Sicht ist dieses Vorgehen höchst problematisch und kaum rechtssicher zu gestalten, was aber zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels, trotzdem nicht gerade wenige Unternehmen davon abhält, diese Funktionalität nicht zu nutzen.
Wie Sie das Ausspionieren Ihres Offline-Kaufverhaltens durch Facebook unterbinden
Dadurch, dass Ihre Offline-Käufe nicht direkt mit Facebook verknüpft werden, gibt es auch keine leicht zu betätigende Einstellung in den Optionen, um diese Form von Tracking zu unterbinden.
Trotzdem können Sie das Tracking einschränken, indem Sie entweder gänzlich auf Bonuskarten- und Treuepunkteangebote verzichten, oder indem Sie bei deren Registrierung stets darauf achten, immer nur Mailadressen oder Telefonnummern zu verknüpfen, die keine Verbindungen mit Ihrem Facebook-Konto aufweisen.
Allerdings ist es im Zeitalter von Big-Data trotzdem noch möglich, dass Facebook es früher oder später schafft, Ihre Einkäufe über eine Vielzahl von verknüpften Datenpunkten mit Ihnen in Verbindung zu bringen.
7. Das Ausspähen biometrischer Daten
Haben Sie zu Anfang diesen Jahres die #10yearchallenge in den sozialen Netzwerken mitbekommen?
Nutzer wurden dazu angehalten, ein aktuelles, sowie ein 10 Jahre altes Foto daneben zu posten.
Kritiker wie die Journalistin Kate O‘Neill befürchten, dass diese harmlos anmutende Kampagne initialisiert wurde, um ähnlich wie der kürzliche FaceApp-Hype Gesichtserkennungs-Algorithmen darin zu trainieren Ihre optische Alterung detailliert zu prognostizieren und Gesichter besser erkennen und zuordnen zu können.
Um zu Unterbinden, dass Facebook seinen Gesichtserkennungsalgorithmus nutzt, um Sie automatisiert auf Fotos und Videos zu erfassen, rufen Sie die allgemeinen Einstellungen auf, und wählen die Option „Gesichtserkennung“, um Sie anschließend zu deaktivieren.
8. Das Einfordern von sensiblen Dokumenten
Immer wieder werden Facebook-Accounts gesperrt aufgrund einer „Verletzung der Gemeinschaftsstandards“ (die sie bei Bedarf hier auf Facebook einsehen können).
Auch wenn Facebook in der Praxis hierbei nicht wirklich transparent handelt und ein Umgang mit solchen Verletzungen aktuell in einem Verfahren vor dem EU-GH verhandelt wird, fordert Facebook bereits heute von gesperrten Nutzern die Account-Verifizierung über persönliche Dokumente wie z.B: Führerschein, Personal- oder Reiseausweis, um Accounts wieder freizuschalten.
Dies lässt sich leider nicht umgehen, außer indem Sie Vorsicht darüber walten lassen, was, wo und wie sie posten, liken und kommentieren.
Ist Ihr Account erst einmal gesperrt und Facebook fordert Ihre persönlichen Dokumente zur Freischaltung des Accounts an, bleibt Ihnen eigentlich (neben der Übergabe der Dokumente) keine weitere Option, als auf Ihren Account zu verzichten und sich einen neuen Account zu erstellen.
Fazit
Wie Sie gesehen haben, versucht Facebook über die verschiedensten Wege an Ihre persönlichen Informationen zu kommen. Beachten Sie, dass es sich bei den genannten Punkten lediglich um die Offensichtlichsten handelt, mit dem Sie die gröbsten Trackingmechanismen von Facebook abschalten.
Nichtsdestotrotz bieten auch diese Maßnahmen in der Summe KEINEN einhundertprozentigen Schutz, da Facebook (und Co.) seine Trackingmaßnahmen stetig verbessert und es neben den bekannten sicherlich auch unbekannte Trackingvorgänge gibt.
Trotzdem sind sie als erste Maßnahme nützlich um der Datensammelwut von Facebook und Co. Einhalt zu gebieten.
Lucie Hilger